38. Deutscher evangelischer Kirchentag in Nürnberg

Eindrücke von unserem Stand und darüber hinaus.

Schon im Vorfeld wurde uns klar: Auseinandersetzungen mit politisch brisanten Themen sind seitens des Kirchentages nicht gewünscht. Veranstaltungen, die ein gewisses Potential haben, auf Missstände hinzuweisen wurden nicht genehmigt – nicht einmal wie früher an den Rand gedrängt, sondern komplett ausgeschaltet.

Unser Politisches Nachtgebet „Jetzt ist die Zeit …. Für Veränderungen“ fiel darunter, aber auch andere Veranstaltungen, z.B. mit Margot Käßmann wurden abgelehnt, die dann ihre Teilnahme ganz aufgab.

Die Präsidentschaft von Lothar de Maizière war mehr als eine Verlegenheit, aus diesem Spektrum „auch jemand nehmen zu wollen“. Es war eine Wende, still und heimlich und ohne großes Aufsehen. Gleichgültigkeit, politisches Allgemeingemurmel. Da hinein fallen die Töne von Bundespräsident Steinmeyer „Jetzt ist die Zeit… für Waffen!“ Hat er dafür Applaus bekommen? Ich weiß es nicht, aber der Protest, ein fälliges wütendes Pfeifkonzert, blieb aus.

Die Friedensdemonstration, an den Rand gedrängt, mit nur 130 Menschen und Bischof Kramer auf keinen Fall auf Plätzen, wo sie auffallen würde. Hier klare Statements, aber 130 Teilnehmer? In meiner Bibel findet sich im neuen Testament kein einziger Hinweis, der Waffenlieferungen legitimieren würde. Jesus hätte niemals gesagt „jetzt ist Zeit für Waffen“. Man darf dieses Wort begründet als unjesuanisch bezeichnen.

Bischof Kramer besucht unseren Stand

Der BRSD hatte einen Stand. Wie immer hofften wir auf Gespräche, und ich meine, es begann eine neue Zeit. Es war die Zeit für reges Interesse, für tiefe Gespräche, für Eintritte, auch wenn diese „nur“ durch Menschen geschah, die schon Berührungen mit uns hatten – einen Abonnenten und ein in seiner Studentenzeit ehemaliges Mitglied, der sich auch engagieren möchte.

Prof. Dr. Dr. Wilhelm Schwendemann wird als neues Mitglied begrüßt

Natürlich auch in Nürnberg die obligatorische Frage „euch gibt es noch?“ ganz selten natürlich auch „Sozialismus und Religion geht das überhaupt?“ Eher: „Ja klar, aber ich habe noch nie von euch gehört!“ Unsere Buchvorstellungen am Donnerstag und Freitag am Stand waren so gut wie nicht frequentiert, aber immerhin so laut, dass sich der FDP Stand von gegenüber bei der Hallenleitung beschwert hat. Leider kann man die Wahrheit nicht laut genug verkünden. Vorüberziehende haben gemerkt, dass bei uns „was los ist“ – mehr sollte das auch nicht ausdrücken.

Verena Keller von den Schweizer Resos mit Prof. Duchrow

Wir haben Hefte verkauft! 60 Interessierte haben sich nicht abhalten lassen, gegen unterschiedlich hohe Spenden Hefte, die vorgestellten Bücher gegen Festpreis und unser Kreuz zu kaufen. Natürlich waren auch unsere Postkarten und Aufkleber gefragt.

Der Blick auf den gegenüberliegenden SPD Stand zeigte: Kein Spitzenpolitiker kam zu seinem Stand. Ja, sie waren da – auf dem Podium – weit weg vom Bürger. Aber direkt zum Bürger, zum anfassen – keiner. War im übrigen parteiübergreifend. Eine denkbar schlechte Entwicklung.

Kerstin Griese, eine der Sprecherinnen von Christen bei der SPD hat uns besucht!

Wir hatten uns viel vorgenommen, besonders am Samstag Abend, wohlgemerkt nach einem anstrengenden Standtag und dem Abbau des Standes, haben wir noch eine Veranstaltung gestaltet. „Jetzt ist die Zeit für… Erinnerung an Dorothee Sölle“. Anspannung bis zum Schluss „wird jemand kommen?“ Ist der Ort nicht viel zu weit draußen?

Als ich von der Messe, mit vollbeladenem Auto, zur katholischen Kirche St. Kunigund einbog, standen und saßen schon die ersten Besucher auf der Kirchentreppe. Über eine Stunde vorher. Die Kirche wurde voll, 360 Besucher ließen sich mit Texten über und von Dorothee Sölle förmlich mitreißen. Noch heute, fast eine Woche her, denke ich an den begeisterten Ausgang der Besucher, die alle Strophen von „der Mond ist aufgegangen“ sangen, vorgesehen war nur eine einzige. Da war die Mystik, die immer bei Sölle eine große Rolle gespielt hat, greifbar nahe.

Ein fulminanter Abschluss eines für uns zwar erfolgreichen Kirchentages, der aber mit Sicherheit keine Großveranstaltung im Sinne der großen Theologin war. Politik gehört in die Kirche. Die politische harte Auseinandersetzung gehört dazu, das fehlte schmerzhaft. Das muss wieder auf den Kirchentag!

(In Kürze folgen noch Bilder)