Danke Bruder Franziskus!

– ein kurzer Nachruf

von Dr. Manfred Böhm

Mit dem Tod von Papst Franziskus geht hoffentlich keine Ära zu Ende. Zwar lässt sich mit Blick auf manche binnenkirchliche Themen wohl kaum uneingeschränkt sagen, dass Papst Franziskus ein konsequenter „Reformpapst“ gewesen wäre. Aber eines war er mit Sicherheit, nämlich ein hellsichtiger  und unmissverständlicher Kritiker des neoliberalen Kapitalismus. Bereits in seinem Apostolischen Schreiben „Evangelii Gaudium“ aus dem Jahr 2013 knüpft er an die Tradition der Kapitalismuskritik der Katholischen Soziallehre an und spitzt sie weiter zu bis hin  zu jenem Satz, der ihm viel Kritik eingebracht hat: „Diese Wirtschaft tötet“. Gemeint war bei ihm ganz eindeutig der hegemoniale Neoliberalismus, der seine Opfer zu „Müll“ degradiert. Die in mitteleuropäischen Ohren bisweilen schroffe Sprache gründet in seiner Herkunft vom Rand des kapitalistischen Systems, dort, wo die Ausgeschlossenen zu Hause sind, für die sprachliche Beschönigungen wie Hohn klingen. „An die Ränder gehen“  war dementsprechend seine pastorale Leitlinie und seine erste Reise führte ihn konsequenterweise nach Lampedusa, einem der Flüchtlingshotspots der EU. Wie sein Namenspatron Franz von Assisi forderte er eine „arme Kirche für die Armen“ und setzte immer wieder Zeichen auch in seiner persönlichen Lebensführung. Der Verzicht auf kirchlichen Pomp irritierte nicht nur manchen Kardinal.

Mit der Sozialenzyklika „Laudato Si“ von 2015 hat er seine Kritik des Kapitalismus weiter radikalisiert. Dieses „strukturell perverse System von kommerziellen Beziehungen und Eigentumsverhältnissen“ beutet Mensch und Natur gnadenlos aus. Die vielfältigen sozialen Verwerfungen und die ökologischen Krisen sind nicht voneinander zu trennen, sie sind die zwei Seiten der einen Ausbeutungmedaille: Die Reichen machen sich auf Kosten der Armen und der Umwelt ein schönes Leben!

In „Fratelli tutti“, Franziskus´ zweiter Sozialenzyklika aus dem Jahr 2020, kommen stärker positive Bestimmungen des Zusammenlebens ins Spiel, Würde, Solidarität und Geschwisterlichkeit. Das sind für ihn die Bausteine einer zukunftsfähigen Gesellschaft.

Papst Franziskus war auch in der Frage des Friedens ein unbequemer Mahner und gegenüber den Staatslenkern kein pflegeleichter Jasager. Beim Thema Ukraine oder Gaza machte er sich seine eigenen, an der biblischen Botschaft geschärften Gedanken und schwenkte nicht einfach fraglos auf die Linie der ihm entgegengebrachten Erwartungen ein.

Nun wird es in absehbarer Zeit einen neuen Papst geben. Es bleibt sehr zu hoffen, dass die Ära der fundamentalen Kritik des Kapitalismus im Namen der Opfer dieses tödlichen Systems bei Franziskus´ Nachfolger, wie immer der theologisch und binnenkirchlich ausgerichtet sein wird, nicht im Sande verläuft.