Aufruf an die 11. Vollversammlung des Weltkirchenrats in Karlsruhe: „DieseWirtschaft tötet: Den Schrei der Erde und der Armen hören und die Ketten derUngerechtigkeit für die ganze Schöpfung lösen“
Die Delegierten der vom 31.8. bis 8.9. in Karlsruhe stattfindenden Vollversammlung des Ökumenischen Ratsder Kirchen (ÖRK) werden in einem von Kairos Europa in Kooperation mit dem Bündnis Casa Comun 2022initiierten Aufruf aufgefordert, sich angesichts der tief greifenden Krise unserer Zivilisation künftig (wieder)intensiver und entschiedener mit den Überlebensfragen von Menschheit und Schöpfung sowie ihren struktu-rellen Ursachen auseinander zu setzen. Der ÖRK solle sein Engagement vor allem auch aus theologisch-ekklesiologischen Gründen auf die Überwindung der zerstörerischen Wirtschafts- und Lebensweise mit demZiel der Entwicklung zukunftsfähiger Alternativen fokussieren.Zu den Unterzeichner*innen des Aufrufs gehören u.a. Dr. Jooseop Keum, Generalsekretär des Weltmissions-rates, Dr. Chris Ferguson, bis vor kurzem Generalsekretär der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen,prominente Befreiungstheolog*innen wie Prof. Allan Boesak, Prof. Nancy Cardoso und Prof. Ulrich Duchrow,ehemalige führende ÖRK-Mitarbeiter*innen wie Dr. Aruna Gnanadason, Dr. David L.Gosling, Dr. RogateMshana und Dr. Rob van Drimmelen sowie ökumenische Graswurzelinitiativen und Nichtregierungs-organisationen. Im Einvernehmen mit Papst Franziskus sagen sie: „Diese Wirtschaft tötet.“Der Aufruf verortet sich in der Tradition des ÖRK und versteht sich als Erneuerung und Zuspitzung dereinvernehmlichen Beschlusslage der ökumenischen Bewegung bezüglich der mangelnden Zukunftsfähigkeit desWeltwirtschaftssystems. Ausdrücklich warnt der Aufruf vor dem Versprechen, Ökonomie und Ökologie miteinem „Green New Deal“ zu versöhnen, durch den erneuerbare Energien zu einer umweltpolitischenKehrtwende und einem Beschäftigungsschub führen sollen: „Dieses Versprechen ist irrig, denn auch der grüneKapitalismus braucht das Wirtschaftswachstum – und die Klimakrise ist die Kehrseite des Wirtschafts-wachstums. … Nötig ist ein radikaler Neuansatz, der soziale und ökologische Nachhaltigkeitsziele mit dempolit-ökonomischen Funktionsmechanismus kombiniert.“ Eine solch elementare Kehrtwende sei aber keineWin-Win-Situation. Sie müsse im Streit mit denen erkämpft werden, die von der herrschenden Ordnungprofitieren.Hierzu sollten die Kirchen die Zeichen der Zeit aus der Perspektive des gekreuzigten Volkes und dergeschändeten Schöpfung lesen und den Konflikt mit den Mächtigen und den Plünderern der Schöpfung wagen,damit alle das Leben haben. „Dabei müssen sie ihre Kirchenmauern unverzüglich überwinden und Allianzenbilden mit den Opfern und den mit diesen solidarischen Bewegungen.“ Der Aufruf endet mit einem Appell füreine universale Geschwisterlichkeit als Kern einer gemeinsamen Utopie von Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung.