Quo Vadis Russisch Orthodoxe Kirche?
Beitrag von Ioann Sohr, Bruder und Genosse des Bundes der religiösen Sozialisten Mitglied der Russ. orthodoxen Kirche.
Nach Jahren der gegenseitigen Ausgrenzung des russischen Patriarchats und der russischen ehemaligen Exilkirche, russisch Orthodoxe Kirche im Ausland (ROKA), ist es nach langwierigen Verhandlungen gelungen die Einheit wieder herzustellen. Doch es fand keine Verschmelzung zwischen beiden Kirchen statt, sondern die ROKA hat ihre Eigenständigkeit bzw. Autonomie bewahren können.
Bedingt durch den Krieg in der Ukraine ist es leider zu Spannungen zwischen den beiden russisch orthodoxen Kirchen gekommen. Wie sicherlich bekannt nimmt der Moskauer Patriarch Kyrill deutlich Stellung zu diesem unseligen, schrecklichen Krieg. Er steht voll hinter Wladimir Putin und hofft auf den Sieg der russischen Waffen. Er versucht gegenwärtig die gesamte russisch orthodoxe Kirche, also auch die ROKA auf die Seite des russischen Aggressors zu ziehen. Priester und auch vereinzelt hohe Würdenträger in Russland werden rüde sanktioniert, wenn sie sich öffentlich gegen diesen verbrecherischen Krieg wehren. Wie die Sanktionen im Einzelnen ausschauen, entzieht sich meiner Kenntnis. Die russisch orthodoxe Kirche im Ausland (ROKA) hat sich eindeutig gegen den Krieg in der Ukraine gewandt so auch die russisch orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats in der Ukraine. Also Patriarch Kyrill trägt dazu bei, das sich die einzelnen Glieder der Kirche in politischer Hinsicht aufspalten, sich entzweien. Es ist mehr als bedauerlich, dass diese Entwicklung sich so gestaltet wie eben beschrieben.
Auch innerhalb der Gemeinden der ROKA , so war zu befürchten, könnte es zu Zwistigkeiten kommen und die Gemeinden auseinanderreißen in Putin, -und Anhänger Kyrills und Ukrainern und Kriegsgegnern andererseits. Denn der Name russisch orthodoxe Kirche im Ausland ist etwas irreführend. In der Gemeinde in Nürnberg sind Ukrainer, Weißrussen, Russen, Kasachen, Georgier, also alle Völkerschaften der ehemaligen Sowjetunion vertreten. Und alle, ohne Ausnahme, sammeln Hilfsgüter für die Ukraine und es herrscht Solidarität und Stimmung gegen den Krieg. Durch die Autonomie der ROKA ist der” mächtige Arm” des Moskauer Patriarchats nicht ausreichend. Wie es in den Gemeinden in Deutschland, die dem Moskauer Patriarchat unterstehen, sich politisch gestaltet kann ich nicht sagen.
Fest steht dass bei uns für den Frieden gebetet wird und dass man sowohl der Ermordeten Ukrainer gedenkt als auch der gefallenen russischen Soldaten, die als Kanonenfutter gnadenlos verheizt werden. Es hat mich sehr erleichtert das die gesamte ROKA in Deutschland, ohne Wenn und Aber, den Krieg verurteilt, und in ihren Gebeten alle Opfer der Krieges mit einbezieht und keine Feindschaft in meiner Gemeinde zwischen den verschiedenen Nationen entstanden ist.
Wir bezeichnen uns alle als orthodoxe Christen. Denn wir alle wissen, wenn wir den Wünschen des Herrn Putin und seines Adlatus Kyrill nachgeben unsere Gemeinde bald nicht mehr existieren würde, sie wäre zerstört.
Meine persönliche Meinung zu diesem Krieg um die Ukraine ist die, dass Putin und sein kirchlicher Berater sich das Russland des 17. und 18. Jahrhunderts wünschen, also sie wünschen sich die Regierungsform einer Autokratie wie sie die Zaren ausübten. Putin und Kyrill wollen also eine Restauration in Russland erreichen. Der Krieg dient also der geographischen Ausdehnung des russischen Imperiums in den Grenzen des Reiches von Katharina der Zweiten. Und die russisch orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats hofft ebenfalls an dieser Autokratie politisch beteiligt zu werden. Da kann ich nur sagen: Da sei Gott vor!