Buchrezension: Hoffnung durch Handeln.

Joanna Macy, Chris Johnstone: Hoffnung durch Handeln. Dem Chaos standhalten, ohne verrückt zu werden.

Viele Themen der Friedens- und Ökologiebewegung sind freilich nicht neu, geraten aber immer wieder neu und dramatisch ins Licht der Öffentlichkeit. Fragen der Bedrohung der Menschheit durch kriegerische Auseinandersetzungen und der voranschreitenden Zerstörung der Lebensgrundlagen unseres Planeten, begleiten uns ja schon seit Jahrzehnten. Die Versuchung im Angesicht der Katastrophen zu resignieren liegt auf der Hand, sollte aber gerade für Christ*innnen bzw. spirituell denkende Menschen keine Option sein. Grundsätzlich sollte klar sein, dass Widerstand gegen weitere Zerstörung, ein ökologisches und soziales Umdenken und ein neuer Lebensstil notwendig sind. Die Frage bleibt: Was können wir, in Anbetracht der weltweiten ökologischen Herausforderungen, als Einzelne, oder als Kleingruppe tun?

Joanna Macy und Chris Johnstone wollen hier eine Antwort anbieten. Sie stellen dem Istzustand (business as usual) – das ist die voranschreitenden Übernutzung und Zerstörung der Umwelt –, den Sollzustand eines nachhaltigen und friedlichen Umgangs mit der Natur gegenüber. Wenn wir nun in unser Leben schauen, dann wird sichtbar, dass beides bei uns zu finden ist. Einerseits leben wir in zerstörerisch-kapitalistischen Verhältnissen und sind damit Teil des Ganzen und somit Teil des Problems. Andererseits versuchen wir natürlich auch, praktische Alternativen zu leben, und beteiligen uns an verschiedenen Formen des Widerstands gegen das System.

Erkenntnisse und Kämpfe sind Stückwerk. Jeder ist gefragt seinen Platz zu finden, an dem er oder sie seinen oder ihren Anteil beitragen kann. Macy empfiehlt als ersten Schritt für den transformierenden Prozess die „Dankbarkeit“. Dankbarkeit ist Ausgangspunkt unserer Verwandlung und unseres Handelns für eine bessere Welt. Wir dürfen Dankbarkeit spüren, für das, was uns in unserem Leben guttut und trägt. Der zweite Punkt ist das Mitgefühl. Macy nennt das „unseren Schmerz um die Welt würdigen“. Es ist gut, hinzusehen und den Schmerz über Ungerechtigkeit und Zerstörung zu spüren. Als Christ denke ich hier an Jesu Wort: „selig sind die Trauernden“. Die vorausgegangene Dankbarkeit stärkt uns hierbei und bewahrt uns vor Verzweiflung. Doch bleiben wir beim Schmerz nicht stehen, sondern suchen Ausdruck und Hilfe. Nun kommt Schritt drei: Die Welt mit neuen Augen sehen. Das genaue Hinschauen eröffnet neue Möglichkeiten. Ein Schlüssel zu dieser neuen Sicht ist, dass die Interessen des Selbst nicht zu klein gedacht werden. Sozusagen, dass der eigne Vorteil und der Vorteil und Gewinn aller zusammenfallen. Hinter diesem Konzept steht die buddhistische Vorstellung, dass alles mit allem verbunden ist, sodass, wer einem anderen Lebewesen Schaden zufügt, sich selbst schädigt und umgekehrt. Auch hie möchte ich an Jesu Worte erinnern: „Was ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt, habt ihr mir getan.“ Aus diesem Geist der Verbundenheit mit allem entsteht Kraft für persönliches und politisches Engagement. Womit wir bei Punkt vier angelangt sind, dem „Weitergehen und Handeln“.

Auf diesem Weg der Heilung und Transformation ist mit Widerständen und Rückschlägen zu rechnen. Es geht darum Kräfte zu mobilisieren, sich zu vernetzten und ein stützendes Umfeld aufzubauen. Die vier Schritte beginnen immer wieder von Neuem mit der Dankbarkeit.

Mir persönlich haben die Abschnitte über Rückschläge und die Mobilisierung neuer Kräfte besonders gut gefallen. Viele Probleme sind sehr komplex und es gibt keine einfachen Lösungen. Außerdem ist mit dem Widerstand derer zu rechnen, die von den ungerechten Strukturen profitieren. Auf die Dauer schaden diejenigen natürlich sich selbst, doch diese Erkenntnis ist nun mal nicht bei jedem vorhanden. Wer Veränderung gestalten will, muss lernen in langen Zeiträumen zu denken. Wer zum Beispiel einen Baum pflanzt, sieht den direkten Nutzen oft erst nach Jahren oder vielleicht gar nicht. Trotzdem ist es sinnvoll, Bäume zu pflanzen. Das Buch lädt ein mit Geduld, Weisheit und Mitgefühl am positiven Wandel in der Welt beizutragen.

 

 


Martin Möllmann

Geboren 1963, Hauptschule, kaufm. Ausbildung Seit 2009: Mitarbeit bei seinem Partner Dr. Jochen Niemuth im "Zendo am Saupurzel" - Zentrum für Meditation und Kreativität in Karlstadt/Main-Spessart Ehrenamtliche Mitarbeit in der alt-kath. Gemeinde Würzburg

Kommentar

  • Lieber Martin, hab vielen Dank für deine tolle Rezension. Das scheint ja ein wirklich gelungenes Buch zu sein.
    Manches erinnert mich an den katholischen Theologen Johann Baptist Metz (z. B. das Thema der Mitleidenschaft – compassion). Und ebenso als ganz wichtiges Merkmal ist der Bereich “die Welt mit anderen Augen sehen”.
    Hier denke ich, ist es ganz wichtig die Hoffnung und den Glauben daran zu bewahren, dass unsere Welt und unser Zusammenleben anders sein könnten – eine biblische Grundbotschaft (Ton Veerkamp). Die Utopie müssen wir pflegen und wichtige Schritte dafür tun.

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