“Das Böse scheint ausgemacht”
Der Theologe Eugen Drewermann spricht über den Krieg in der Ukraine und Wege zum Frieden. In der Botschaft Jesu sieht er die entscheidende Lösung.
Die Kirchen sind in einer dringenden Verpflichtung zu widersprechen. Die Botschaft Jesu lautet eindeutig: Nein zu einer Politik des Starkseins, die dem Anderen die eigene Art des Friedens diktiert. So ist der Frieden nie gekommen. Er kommt auch nicht nach dem nächsten Krieg. Auch nicht nach dem endlich richtigen Krieg. Es kann keine moralische Verantwortung zum Töten von Menschen geben. Es gibt im Vorlauf jeden Krieges diese Polarisierungen. Denn wir können Menschen guten Gewissens nur töten, wenn es gar keine Menschen mehr sind, wenn sie Ungeziefer sind, Unmenschen sind, wenn sie die Bösewichte schlechthin sind, die Inkarnation des Teufels. Wir dürfen dieser Propaganda, die Moral in ein Kampfmittel umwandelt, nicht länger glauben. Wenn sie wieder anfangen zu sagen „Wir sind die Guten“ und „Drüben sind die Bösen“, sind wir dabei, gründlich etwas falsch zu machen und uns selber zu verlieren.
Tobias Foß
Ich denke, dass Putins Vorgehen strikt abzulehnen und auf das höchste Maß zu kritisieren sind.
Was aber nicht passieren darf ist, dass sich Europa nun als vermeintliche Helden und Verteidiger der Demokratie ausweisen. Hier ist Selbstkritik mehr denn je nötig. Wir schauen jahrelang zu, wie in Jemen ein Bürgerkrieg mit deutschen Waffen tobt, wie Menschenrechte etwa für unsere E-Autos weltweit ausgehebelt werden und Menschen aufgrund der Klimakataststrophe und wirtschaftlicher Ausbeutung fliehen müssen – das alles (und gerade unser Wirtschaften) fördert Krieg.
In diesem Sinne stimme ich Drewermanns Meinung zu: Es gibt kein “Hier die Guten” und “dort die drüben”.
Und dabei ist Putins Handeln aufs Schärfste zu kritisieren, das Leid für die ukrainische Bevölkerung zu mindern und Geflüchtete aufzunehmen.
Worüber ich nachdenken: Waffen sind abzulehnen, Wettrüsten ist abzulehnen – aber was sollte man tun im Fall der Ukraine? Keine Waffen liefern (klare pazifistische Linie)? Also einfach nur zusehen, wie Bomben fallen? Für mich eine sehr schwere Entscheidung …
Andreas Herr
An der ganzen Diskussion und „Information“ über den Ukraine Konflikt stören mich eine Menge an Dingen. Zum einen wird behauptet, der Ukraine Konflikt wäre der erste in Europa seit dem Weltkrieg II. Das ist falsch. Die kriegerischen Auseinandersetzungen in Jugoslawien waren ebenso Krieg. Nur hatte sich da die Nato eingemischt, bzw. Teile der Nato, also westliche Armeen.
Die Ukraine ist nicht der wahnsinnig demokratische Staat, den es nun vorgibt zu sein, wird genauso von „Oligarchen“ beherrscht, wie Russland auch. Selenskyj wollte damit aufräumen, ist aber kläglich gescheitert.
Dieser Krieg war vorhersehbar und wurde wissentlich in Kauf genommen.
Was mich allerdings am meisten stört, sind zum einen die kriegstreiberischen Äußerungen Grüner Parteimitglieder, einer Partei, die in den 80ern die Friedensbewegung mit gestützt hat. Eine ehemalige Bundestagsabgeordnete dieser Partei äußert sich in einer Art und Weise, wie ich sie eher von tiefschwarzen Politikern der Union erwarten würde, und verkündet das als „Friedenspolitik“ der Grünen. Das ist zutiefst beschämend.
Aber Auch Politiker der SPD äußern sich im Bundestag, dass sie zwar den Kriegsdienst verweigert hätten, aber das sei ja zu einer „anderen Zeit passiert“.
Diese Umkehr, dieses Gefasel einer „Zeitenwende“ das macht mich nur noch wütend. Es hat sich überhaupt nichts geändert! Immer noch sucht man einen Feind und meint ihn in Putin endlich ausgemacht zu haben, eigentlich ja doch „den Russen“ meinend.
Ingolstadt hat die Städtepartnerschaft mit Moskau „auf Eis gelegt“. Die Städtepartnerschaft mit der Stadt Foshan in China bleibt bestehen und unberührt. Wie Tobias auch schreibt: kein Mensch spricht über den Jemen, wo Äfypten als Aggressor auftritt, allerdings mit Unterstützung westlicher Länder und eine ebensolche Gräuel anrichtet, wie die russische Armee. Kein Mensch spricht mehr über den Krieg in Syrien. Amerika unterhält weiterhin menschenverachtende Gefängnisse in Guantanamo und Diego Garcia um nur zwei zu nennen, tatsächlich sind mindestens 9 verschiedene Länder damit übersät.
Jeder beeilt sich, Putin zu verurteilen, obwohl die Zeichen des Krieges seit Jahren gesetzt waren. Eine beschämende, ja doppelzüngige Debatte mit einer sehr kritisch zu sehenden Doppelmoral.
Der „Westen“ ist nicht besser!
Martin Möllmann
Zum Thema Pazifismus und Ukrainekrieg bin ich auf einen guten Beitrag im DLF über einen ukrainischen Künstler gestoßen. Link ist unten. Beeindruckend finde ich besonders die humanistische und für mich spirituelle Komponente in den Aussagen des Künstlers zur Gewaltfreiheit. Interessant auch die unterschiedliche Einschätzung Russlands je nach Altersgruppe. Die jungen Leute in der Ukraine sind eher westlich orientiert, die Alten – die in der Wende viel verloren haben – Rentner, die in Armut leben, trauern der Sowjetunion nach und sind eher prorussisch.
https://www.deutschlandfunkkultur.de/russisch-ukrainischer-kuenstler-aljoscha-zur-russischen-invasion-der-ukraine-dlf-kultur-09b76b96-100.html